Bei einer Kontrolle
Diskriminierende Polizeikontrollen sind rechtswidrig. Allerdings sind sie für viele Menschen alltägliche Realität. Es gibt nur wenige Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren, vor allem weil Du damit das Risiko eingehst, dass die Polizei Dich anzeigt. Eine Diskriminierung durch die Polizei ist vor Gericht schwer zu beweisen und das Gericht schützt in aller Regel die Polizei. Und eine strafrechtliche Verurteilung kann schwerwiegende Folgen haben, insbesondere, wenn Du keinen sicheren Aufenthaltsstatus hast. Aber Du hast das Recht, Dich einer rassistischen Kontrolle zu widersetzen und institutionellen Rassismus der Polizei entgegenzutreten.
Was tun bei einer Kontrolle
- Anlass der Kontrolle hinterfragen: «Wieso kontrollieren Sie mich?» Frage nach dem Grund für die Kontrolle. Teile der Polizei mit, warum Du die Kontrolle als willkürlich und diskriminierend empfindest.
- Antworten: «Ich mache keine Aussage!» Bei einer Polizeikontrolle musst Du Deinen Namen und Dein Geburtsdatum, Deine Meldeadresse nennen. Du musst nichts Weiteres sagen! Auf weitere Fragen musst Du keine Antwort geben. Du hast das Recht, die Aussage zu verweigern.
- Auskunft einholen: «Geben Sie mir bitte Ihren Namen und Ihre Dienstnummer.» Frage die Polizist*innen nach ihren Namen und ihren Dienstnummern. Es kann sein, dass sie Dir die Antwort verweigern. Daher ist wichtig: Notiere Dir möglichst genau, wie die Polizist*innen aussehen.
- Ansprechen von Passant*innen: «Entschuldigen Sie, könnten Sie bitte die Kontrolle beobachten?» Bitte Umstehende um Unterstützung. Frage sie nach der Kontrolle, ob sie Dir ihre E-Mailadresse oder Telefonnummer geben. Bitte sie, ein Gedächtnisprotokoll zu erstellen.
- Abwehr: «Ich will nicht, dass Sie mich durchsuchen!» Die Polizei darf in der Öffentlichkeit Deine Taschen leeren oder Dich nach Waffen abtasten. Aber sie darf Dich in der Öffentlichkeit nicht bis auf die Unterhosen ausziehen. Körperöffnungen darf nur medizinisches Personal (Ärzt*in) durchsuchen. Falls die Polizei etwas beschlagnahmen will, verlange eine Quittung und eine Versiegelung.
- Aufschreiben: Schreibe nach einer Kontrolle ein Gedächtnisprotokoll. Schreibe wenn möglich Ort, Datum und Uhrzeit der Kontrolle, die Namen der Polizist*innen sowie Namen und Kontaktdaten von Zeug*innen auf.
- Aussprechen: Melde Übergriffe wie Beschimpfungen, Drohungen oder Gewalt bei einer Beratungsstelle.
Bei einer Festnahme
- Frage die Polizei nach dem Grund für den Freiheitsentzug.
- Wenn Du festgenommen bist, musst Du keine Aussagen machen.
- Du hast das Recht, eine*n Rechtanwält*in und ein*e Übersetzer*in beizuziehen. Verweigere jede weitere Aussage, solange kein*e Rechtsanwält*in bei Dir ist. Fordere die Polizist*innen auf, Dir sofort und telefonisch eine*n Rechts-anwält*in anzubieten.
- Du hast das Recht, so bald wie möglich Vertrauenspersonen zu informieren.
- Unterschreibe nichts, was Du nicht verstehst oder womit Du nicht einverstanden bist.
- Wurdest Du bei der Festnahme verletzt, dann verlange von der Polizei, dass dies im Befragungsprotokoll dokumentiert wird.
- Fotografiere sichtbare Verletzungen nach der Freilassung und lasse Dir ein ärztliches Attest ausstellen.
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Als Beobachter*in
Wenn Du Dich verbündest, zeigst Du, dass Du aufmerksam bist, die Bedürfnisse anderer Menschen erkennst und sie unterstützt. Du hast ein Recht, Polizeikontrollen zu beobachten und auch kritische Fragen zu stellen. Allerdings sollte Dir bewusst sein, dass Du mit einer verbalen Intervention auch ein Risiko eingehst. Aufgrund einer Weigerung gegen die Aufforderung der Polizei kannst Du strafrechtlich verfolgt werden. Mache Dir auch bewusst, dass Dein Handeln negative Konsequenzen für die kontrollierte Person haben kann.
Wir schlagen drei Formen der Unterstützung während einer Kontrolle vor:
Zeug*in werden
- Bleib stehen und beobachte die Kontrolle. Überlege, ob Du selber Zeit hast zu beobachten und eine mögliche Festnahme riskieren kannst. Brauchst Du Unterstützung von anderen Passant*innen? Wie kannst Du in dieser Situation am besten intervenieren? Mach Dir während der Kontrolle Notizen. Schreibe Ort, Zeitund Geschehen auf. Filme wenn möglich die Kontrolle aus ausreichender Distanz. Notiere die Namen der Polizist*innen sowie die Namen und Kontaktdaten anderer Zeug*innen.
- Sprich andere Passant*innen an und bitte sie, ebenfalls stehenzubleiben und die Kontrolle zu beobachten. Frage sie nach der Kontrolle, ob sie bereit sind, E-Mailadressen oder Telefonnummern auszutauschen. Bitte sie, ebenfalls ein Gedächtnisprotokoll zu erstellen.
- Sprich nach der Kontrolle mit der kontrollierten Person. Stell Dich vor: «Ich habe gerade gesehen, was passierst ist. Wie geht es Dir/Ihnen? Kann ich etwas tun?» Biete der Person an, als Zeug*in auszusagen, falls sie rechtlich gegen die Kontrolle vorgehen will. Gib ihr Deine Kontaktdaten, wenn sie dies wünscht – akzeptiere aber auch, wenn sie dies ablehnt. Weise die kontrollierte Person auf Beratungsstellen hin.
- Melde Übergriffe wie Beschimpfungen, Drohungen oder Gewalt bei einer Beratungsstelle.
Zur Seite stehen
- Signalisiere der kontrollierten Person und der Polizei, dass Du die Kontrolle beobachtest: «Ich stehe hier und beobachte die Kontrolle». Frag, ob es in Ordnung ist, wenn Du weiter beobachtest: «Geht’s Dir/Ihnen okay? Kann ich Dich/Sie unterstützen?» zeug*in-kontrolle
- Sei Dir bewusst, dass die Polizei Dich wahrscheinlich wegweisen möchte. Mache deutlich, dass Du ein Recht hast, die Kontrolle zu beobachten, ohne zu stören.
- Falls Du von der Polizei weggewiesen wirst, frag nach dem Grund für die Wegweisung.
Intervenieren
- Frag die Polizei nach dem Grund für die Kontrolle und teile der Polizei und der Umgebung mit, dass Du mit der Kontrolle nicht einverstanden bist.
- Falls die Polizei Dich weg weist, sprich die Polizei an und frage sie nach dem Grund für die Wegweisung.
- Versuche wenn möglich zu (ver)stören, z. B. indem Du Dich selbst zur Personenkontrolle anbietest.
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